Über die Baugeschichte der Heidecksburg
Von der Burg zum Residenzschloss
Auf einem Bergsporn gelegen, erhebt sich das weithin sichtbare Schloss als Stadtkrone über dem ehemaligen Residenzstädtchen. Baugestalt und der alles überragende Schlossturm weisen es als eine Meisterleistung der barocken Baukunst aus.
An die Burganlage der Grafen von Orlamünde aus dem 13. Jahrhundert, welche die Schwarzburger Grafen im Jahre 1340 erwarben, erinnern noch Gewölbe und Mauerreste in den Kellerbereichen des Schlosses sowie die Umfassungsmauer der unteren Gartenterrasse. Sie war Teil einer Ringmauer, die den östlichen Verteidigungshof der Burg umschloss. Über Nutzung und Aussehen dieser frühen Burganlage haben sich keine Zeugnisse erhalten.
Im Jahr 1571 bezog Graf Albrecht VII. von Schwarzburg die Burg als ständigen Wohnsitz und wählte Rudolstadt zu seiner Residenz. Die bestehende Anlage ließ er erweitern und umbauen. Die Planung für die Bauarbeiten am Schloss übernahm Georg Robin aus Mainz, der zu den führenden Baumeistern seiner Zeit gehörte. Am 25. März 1573 vernichtete ein Brand Teile der bestehenden Wohnflügel des Schlosses. Daraufhin ließ Albrecht VII., den Vorgängerbau nutzend, eine dreiflüglige Schlossanlage errichten. Für die Planungsarbeiten setzte er zunächst Georg Robin und später Christoph Junghans aus Arnstadt ein. Danach war der Baumeister Nikol Schleizer für sämtliche Bauarbeiten zuständig. Vor allem der Südflügel musste nach 1573 neu errichtet werden. Dies belegen die Inventarverzeichnisse des frühen 17. Jahrhunderts, in denen ausdrücklich die Räume im alten Schloss und die Räume des neuen Gebäudes, nach der Stadt zu, genannt werden. Im Jahre 1576 konnte die im nördlichen Flügel befindliche Schlosskirche geweiht werden.
Das äußerlich schlichte, dreigeschossige Renaissanceschloss war durch kräftige Gesimse gegliedert. Ebenso wie die großen mitteldeutschen Schlossbauten schmückten volutengezierte Zwerchhäuser und zahlreiche Schornsteine die Dachzone des Bauwerkes. Die lineare Anordnung der Räume im Südflügel, die von zwei Seiten belichtet wurden und ein gleichbleibendes Fußbodenniveau aufweisen, macht deutlich, dass sich der Übergang von der Burg zum Schloss bereits vollzogen hatte. Bauuntersuchungen lassen Rückschlüsse auf eine gehobene Ausstattung zu, die dem Anspruchsniveau der Schwarzburger Grafen entsprach. So verbergen sich unter abgehängten Decken aus dem 18. Jahrhundert profilierte Unterzüge, die mächtige Holzbalkendecken tragen. Aufwendige Farbfassungen, die für einige Räume des Südflügels dokumentiert sind, lassen den Einfluss der großen Kunstzentren erkennen. Während des gesamten 17. Jahrhunderts kam es am Renaissanceschloss kaum zu baulichen Veränderungen.
Ein grundlegender Wandel im Baugeschehen zeichnete sich erst nach der Erhebung des Schwarzburg-Rudolstädter Grafenhauses in den Reichsfürstenstand im Jahre 1710 ab.
Nunmehr wurden verstärkt Baumaßnahmen eingeleitet, die dem gewachsenen Repräsentationsbedürfnis entsprangen. Fürst Ludwig Friedrich I. setzte dem stadtseitigen Zugang am Südflügel ein triumphbogenartiges Portal vor, das weithin sichtbar auf die verliehene Würde wies. Verbunden damit waren Sicherungsarbeiten am Südflügel, die der Baumeister Matthäus Daniel Pöppelmann aus Dresden leitete. Auch an der Einrichtung und Ausstattung einzelner Räume arbeitete man zu dieser Zeit. Um 1700 entstand in diesem Trakt eines der frühesten Spiegelkabinette im Schlossbau Mitteldeutschlands, das sich bis heute erhalten hat.
Als ein Feuer 1735 den West- und Nordflügel bis zur ersten Etage zerstörte, ließ der regierende Fürst Friedrich Anton den Westflügel des Schlosses neu errichten. Die Entwürfe lieferte der sächsische Oberlandbaumeister Johann Christoph Knöffel. Seine Pläne sowie deren Ausführung nach 1737 lassen jenen kühlen Dresdner Spätbarock besonders deutlich werden, den der Baumeister an vielen seiner Bauten verwirklichte. Die für das höfische Zeremoniell wichtigen Räume im Hauptgeschoss ordnete Knöffel dem französischen Vorbild des »apartement double« an. So treten Raumgruppen an die Stelle einfach aneinandergereihter Räumlichkeiten, die den unterschiedlichen Erfordernissen des höfischen Lebens Rechnung trugen.
Auf den Bau des Westflügels nahmen Friedrich Anton wie auch sein Sohn, Johann Friedrich, Landesherr seit 1744, großen Einfluss. Beide befassten sich mit architekturtheoretischen Schriften und kannten aus eigener Erfahrung die richtungsweisenden Schlossarchitekturen in den Niederlanden und in Frankreich.
Das ehrgeizige Bauprogramm Knöffels, das wegen der angespannten finanziellen Situation des Rudolstädter Hofes nur schwer zu realisieren war, zwang die fürstliche Regierung 1741 eine Baukommission zu bilden. Ihr stand der Erbprinz Johann Friedrich vor, der, von seiner Prinzenreise aus Frankreich zurückgekehrt, das Baugeschehen in die Hände nahm. Seine guten Beziehungen zum Weimarer Hof nutzend, gelang es ihm, den Baumeister Gottfried Heinrich Krohne für den Rudolstädter Schlossbau zu gewinnen. Begründet wurde dieser Schritt damit, dass Knöffel wegen seiner Verpflichtungen in Dresden nicht mehr in der Lage sei, die Bauarbeiten in Rudolstadt mit der erforderlichen Sorgfalt zu beaufsichtigen. Im Mai 1743 wurde Krohne schließlich zum »Fürstlichen Baudirektor« ernannt.
Dieser nicht zuletzt von Johann Friedrich veranlasste Wechsel brachte auch einen Wandel in der Ausgestaltung der Räume mit sich. Wie von seinem Vorgänger geplant, behielt er die beiderseits des Festsaales gruppierten Appartements bei, veränderte jedoch die kühle klassische Innenarchitektur Knöffels und führte ein heiter beschwingtes Rokoko ein.
Mit dem Regierungsantritt von Fürst Ludwig Günther II. im Jahre 1767 erfolgten im Hauptgeschoss des Westflügels nur noch kleinere bauliche Veränderungen. Später wurden das Haupttreppenhaus sowie einige Räume des West- und Südflügels klassizistisch umgestaltet. Dafür schufen u.a. die Baumeister Ferdinand und Wilhelm Adam Thierry zahlreiche Entwürfe. Mit der Verlängerung des Südflügels nach Osten fand der Schlossbau im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts einen vorläufigen Abschluss. Die Arbeiten an der Heidecksburg ließen den Rudolstädter Hof zu einem der künstlerischen Zentren in Thüringen werden.